"Spieglein, Spieglein..." - Kapitel 6
Diese seltsame Verbindung zwischen VJ Alvi und dem Senior Gobias Koffi führte zu einer kleinen Planänderung und damit in das Haus des altgewordenen Junggesellen. Auch hier wurde nur zugeguckt und nicht eingegriffen, so schwer es auch gefallen ist:
Der laut den Unterlagen einsam und zurückgezogene lebende Gobias Koffi nennt er recht stattliches und hochmodernes Haus am Strand sein Eigen. Von der Straße aus noch recht unspektakulär.
Doch die Sonnenseite mit freiem Blick aufs Meer ist unbeschreiblich. Welch ein Reichtum!
Das ist der Grund der Planänderung: Gobias ist bereits 89 und sein Lebensbalken am Anschlag! So kann man sich vor Sorge um ihn kaum am ins Haus eingebetteten "Schwimmbrunnen" erfreuen, dem ersten Feature dieses Hauses, das einem hier ins Auge springt.
Der alte Mann hat einen recht ungewöhnlichen Charakter: er ist ein koketter und überemotionaler Loser, der aber zugeknüpft und kindisch sein soll. Was für eine Kombination! Als einziger Verwandter ist in den Daten sein Vater Gaylord auszumachen, ein Mann mit breitem Hut und Schnauzer. Und wohl schon lange tot.
Ein Teil des Erdgeschosses ist doppelstöckig. Während wir Gobias nun vom Balkon des zweiten Stocks aus bei der Zubereitung des dringend benötigten Frühstücks beobachten, durchsuchen wir rasch seine sehr lange Kontakteliste.
Doch halt! Er kocht, trotz perfekt ausgestatteter Küche, ja gar nicht. Kann er nämlich nicht. Drum nimmt er sich nur eine Schüssel mit eiskaltem Müsli aus dem Kühlschrank. Aber er kann was anderes: im Gärtnern hat er Level 4 erreicht, in Geschicklichkeit sogar schon 5.
Zurück zum Scan seiner Beziehungen: Entgegen anders lautender Gerüchte über seine vermeintliche Homosexualität ist er mit einer gewissen Yasmin Cano verpartnert. Auch wenn die beiden nicht zusammenleben - und er von ihr nur weiß, dass sie reich ist.
Das romantische Interesse des blutjungen VJ Alvi beruht im Übrigen keineswegs auf Gegenseitigkeit. Armer Junge, für Gobias ist er nur ein flüchtiger Bekannter.
Solange er sein Müsli geniest, schauen wir uns weiter um. Das haltlose Gerede über seine angebliche Vorliebe für Männer liegt unter anderem auch in seiner möglicherweise nicht mehr ganz aktuellen Biografie begründet:
"Gobias Koffi ist ein liebenswürdiger Single, der einfach noch nicht die richtige Frau fürs Leben gefunden hat. Oder liegt es vielmehr daran, dass er am liebsten mit seinen männlichen Freunden zusammen ist?"
Da unser Beobachtungsubjekt noch immer die Cerealien in sich reinlöffelt, können wir noch schnell den Plan des Hauses studieren. Dies ist das untere Geschoss. Nebendran der kürzlich von Rudy Coronado geschändete, sicher lang gehegte Gemüsegarten.
Im Obergeschoss werden wir beim Anblick der eigenwilligen Farbgebung im achteckigen Schlafraum, wie auch bei der im Badezimmer, erneut in die (Klischee-)Irre geführt. Die obere Terrasse verfügt über einen eigenen Kamin. Der Mann muss wirklich reich sein. Ach ja, der Kontostand: 11.293 § sind noch in der Portokasse.
Während Gobias nun seinen Teller abspült, entdecken wir in seinem Inventar ein einsames Buch: "Schneeflocke spezial". Offenbar ein Bestseller. Viele Sims tragen dieses Werk mit sich herum.
Wohl aus akuter Einsamkeit beginnt der "Unnütze-Geräte-Erfinder" in Ruhestand nun mit dem Spiegel zu "spielen" , wie er das nennt.
Den Mangel an sozialem Kontakt kann dieses seltsame Verhalten zwar nicht mildern, aber es macht ihm Spaß. Gut, dass das niemand sieht. Es drängt sich die Vermutung auf, dass sein kindliches Gemüt zu den vielen ausgeprägten Feindschaften geführt hat, die Gobias für seine Mitsims hegt. Zum Beispiel hasst er den Nachbarn Jared Frio.
Der Rentner zieht sich nun eine unglaublich rührselige Schnulze im Vormittagsprogramm rein.
Zeit für einen kleinen Kontrollblick durch die Fenster der WG in direkter Nachbarschaft. Scheint alles in Ordnung zu sein. Es ist inzwischen Samstagmittag. Harald hatte wohl mal wieder Nachtdienst, den er hat seinen OP-Kittel noch an.
Die Jungs fangen nun sogar an sich zu bewegen.
Auch wenn die Möbel zur Rechner-Schonung ausgeblendet werden, die Musik aus dem Haus hört man bis hinaus auf die Straße! Obwohl das im Moment nicht der aktive Haushalt ist.
Selbst Heinz Goldschmidt erfüllt noch immer eiligen Schrittes seine Pflichten hier.
Zurück zur Beobachtung des schrulligen Alten: der erleidet gerade eine Art Trauerattacke. Wird leider nicht näher erkärt.
Das aus Sims 2 übernommene Aufbrezeln ist eine herrlich sinnlose Aktion. Besonders wenn man so aussieht wie der alte Loser.
Auch er merkt wohl, dass das Sein Aussehen nicht entscheidend verbessert und versucht es jetzt an einen der zahlreichen weiteren Spiegel in seinem Schlafzimmer noch ein Mal. In Kombination mit seiner grünen Kleidung wirkt das konsequente Rosa dieses Raums besonders irritierend.
Während Gobias nun wieder zum "Spielen" übergeht, wird deutlich, dass allein das Aufbrezeln seine Laune für sagenhafte 5 Stunden merklich hebt. Drum wohl die vielen Spiegel.
Für den außenstehenden Betrachter mag es ermüdend sein, aber Gobias arbeitet sich nun von einem Spiegel zum nächsten durch. Er hält sich selbst dabei für "dermaßen attraktiv", dass man geneigt ist, sich den vom Himmel fallenden Nervenarzt aus alten Zeiten herbeizusehnen.
Lassen wir den offensichtlich geistig Verwirrten für einen Moment mit sich allein und werfen wir einen Blick in den privaten Waschraum des Hausherrn. Wow! Dieses Bad wäre ja der Traum für Sunshine DeVille. Aber die wohnt noch in Micville und hat bisher noch keinen akzeptablen Weg nach Sunset Valley gefunden.
Sogar an eine Kerze für romantische Stunden zu zweit in der Wanne wurde gedacht. Uneinsehbar für die Nachbarn.
Es sei denn, sie haben einen Fernstecher... aber das erhöht ja nur noch den Reiz. Für manche.
14.00 Uhr. So langsam will man rufen: "Ist ja gut jetzt!"
15.00 Uhr. Gobias prüft nun sein Aussehen. Und denkt an seltsame Tiere. Hallo! Ist gibt gar keine in Sims 3! Noch nicht, jedenfalls. Von den dicken Fischen, fetten Käfern und ähnlichen Krabbelviechern mal abgesehen.
Na endlich mal was anderes. Der Gute begibt sich in sein lila Bad und pinkelt in die Marmorkloschüssel. Im Stehen. Ohne Putzfrau. In diesen Momenten ist man fast dankbar für die alberne Verpixelung. - Oh, hat er uns etwa bemerkt?
Mist! Gerade als er uns endlich aus der Totenstille erlösen und die schicke Stereoanlage einschalten will, erhält er telefonisch die Mitteilung, dass Gunther Grusel von uns gegangen ist! Wow, der muss nun schon 101 gewesen sein. Gobias reagiert auf die traurige Nachricht über den Tod seines sehr guten Freundes mit einem unheimlichen Lacher.
Und hüpft dann ganz entspannt in den Pool ohne Leiter im Eingangsbereich. Der größere Pool hier draußen hätte ja so eine Aus- und Einsteigehilfe, aber der drinnen ist vielleicht besser beheizt. Allerdings ist er schlecht beleuchtet, was ihn ein wenig stört.
Nach fast zwei Stunden (man dachte schon, er würde Selbstmord begehen) schwingt er sich mit jugendlichem Schwung aus dem Becken, weil er endlich wieder Hunger hat.
Der Mann weiß seinen Ruhestand und die Tatsache, dass ihm niemand dreinredet, wirklich zu genießen. Ein riesiger Eisbecher ersetzt ein vernünftiges Abendessen.
Na, dann können wir inzwischen ja (sicherheitshalber nach Drücken der Pausetaste) mal wieder zum Mausoleum schauen. Tatsächlich, auch Gobias könnte nun die "Geister bändigen". Eine selten dämliche, verwirrende Formulierung. Wir halten uns aber an die Testvorschriften und verschieben den Versuch mit dieser Option auf die Rückkehr in unseren eigentlichen Haushalt.
Och nö, jetzt geht das schon wieder los! Wenigstens sehen wir so noch die vergleichsweise dezente Gästetoilette im Erdgeschoss.
Gut, dass ihm eine halbe Stunde später wieder einfällt, dass er den leeren Becher noch nicht entsorgt hat. Denn das bringt ihn endlich vom Spiegel weg.
Zu früh gefreut. Nein, Beherrschung! Die Schnellvorlauftaste wird nicht gedrückt. Wir sind keine Zocker, sondern Sims-Spieler.
Dann gucken wir eben mal wieder nach dem Rechten bei Harald & Co. Aha, man hat Besuch! (Herrlich, die Musik mal wieder zu hören.)
Das ist doch dieser Dicke? Der vom wissenschaftlichen Institut?
Gobias ist einfach unermüdlich in seinem endlosen Spiegel-Programm.
Um 21.30 Uhr endlich was Neues. Er zündet draußen ein Feuer an.
Huch, wo ist denn der Klappstuhl geblieben? Und wieso bleibt Gobias jetzt nicht hier sitzen?
Auch so, er guckt sich noch mal die Wiederholung von dem an, was er selbst nie in seinem Leben getan hat. Ist ja auch irgendwie rührend. Er hätte sich wohl einfach mal entscheiden müssen. Für eine Frau. Für irgendeine. Oder auch einen Mann.
23.50 Uhr erneuter Stopp! Was war das dahinten bei den Frio-Brüdern?
Tatsächlich, da latscht einfach ein Geist durch den Garten! Es ist Cornelius Nelson. Verschwindet nach wenigen Sekunden.
Gleich Mitternacht. Harald geht's gut. Dank Tab und Zoom gut durch die Fenster zu sehen.
0.20 Uhr. Endlich schaltet Gobias diesen Quatsch ab.
Und kann es wohl selbst nicht fassen, wie spät es ist. "Müde? Na, dann geh doch ins Bett!" will man ihm zurufen.
Der Mann ist wirklich unglaublich. Bzw. die Anziehungskraft, die die Spiegel auf ihn ausüben.
Um halb zwei Uhr nachts legt er sich endlich hin. In ein Bett, dass einem Punk alle Ehre machen würde. Oder einem S/M-Freak. Ist es vielleicht das? Sein kleines, in mancher Augen schmutziges Geheimnis?
7.30 Uhr. Gobias ist 90, und eigentlich sollte nun der Haushalt wieder gewechselt werden. Aber vielleicht kommt hier ja bald noch was Neues. Also wird gespeichert.
Um zehn nach acht treiben extremer Hunger und Harndrang den Hochbetagten vorzeitig aus dem Schlaf.
Er wählt eine erstaunlich vernünftige Reihenfolge, um seine Bedürfnisse zu stillen.
Die raffinierte Architektur des modernen Baus bringt leider sehr lange Wege mit sich. Das ist nur mit derart augenschmerzendem Weitwinkel zu veranschaulichen.
Heute gibt es praktisches Fertig-Marmeladenbrot.
Danach begibt der Herr sich in sein so unglaublich geschmackvolles Bad.
Sehr effizient kann das mit der Hose ja nicht sein, aber damit müssen zugeknöpfte Sims eben leben.
Es ist schier nicht zu fassen. Eine endlose Kette von Wiederholungen. Der Mann ist ja wahnsinng!
Uff, wie erholsam idyllisch ist da doch der (Kontroll-)Blick auf die uns wohlvertrauten Nachbarn.
Auch das hatten wir doch schon. Zeit zu erwähnen, dass Gobias täglich 90 § Rente erhält. Nicht sonderlich viel, wenn man seinen Lebensstandard bedenkt. Für den protzigen Wohlstand hat wohl sein Vater noch gesorgt. Wer erbt das alles hier eigentlich mal?
13.00 Uhr. Gobias schwimmt noch immer. Erstaunlich, dass sich keine Gaffer die Nasen an den Scheiben platt drücken. Ein anderer Sim im Haus wäre jetzt gut, sein soziales Bedürfnis ist in den roten Bereich abgerutscht.
Eine Stunde später joggt Morgana Wolff in ihrer Berufskleidung vorbei. Gobias schwimmt immer noch.
Um 14.15 Uhr passiert das nicht mehr so ganz Unerwartete. Gobias Koffi scheidet aus dem Leben. Was ihn meterhoch aus dem Wasser hebt. (Vielleicht auch nur wegen des begrenzten Raums.)
Ist das ein Grafikfehler oder normal bei einem Todesfall im Swimmingpool?
Mit einem markersschütternden Donner macht der Tod auf seine Ankunft aufmerksam. (Wenn man eine Soundanlage mit Submoover hat.)
In diesem speziellen Fall wirkt die Sache wegen der Wand besonders skuril. Der Tod hat einen Namen: Mephisto Schauder. Sehr passend. Er beginnt er düsteres Ritual.
Zunächst erscheint es so, als ob der liebe Gobias als Geist hier weiter leben darf. Zumal noch die Mitteilung kommt, er sei kindisch, und man müsse ihn bei Laune halten. Doch dann werden wir einfach unsanft aus dem Haus zurück in die Nachbarschaftsansicht katapultiert.
Das war also die allererste Begegnung mit dem Tod in Sims 3. Das Warten hat sich trotz der ewigen Spiegelspielerei doch noch gelohnt. Nur schade um den netten alten Mann. Aber so waren wir wenigstens dabei.
Wird das Beobachtungsprogramm nun wie geplant mit noch einem weiteren Haushalt fortgesetzt?
Oder kehren wir gleich wieder zurück zu Harald und seinen Mannen?
Spätestens am nächsten Morgen wollten wir ja eigentlich dorthin zurück...
Wir werden sehen. Irgendwann.